Politik gestaltet durch Entscheidungen, in Form von Gesetzen, Verordnungen oder Abstimmungen. In vielfältigen Diskussionen, Verhandlungen und Dialogen fokussiert sie die Entwicklung von Lösungen gerne auf Präzedenzfälle und den Vergleich bekannter Optionen. Das erwartete Ergebnis bestimmt dabei immer wieder die Arbeitsweise der Lösungsentwicklung und grenzt sie mitunter stark ein. Außer Acht gelassen wird dann, dass es in vielen Gestaltungsprozessen Lösungsoptionen gibt, die außerhalb der aktuellen Wahrnehmung liegen.
Die gestiegene Komplexität aktueller politischer Herausforderungen erfordert neue Ansätze. Wir nennen das eine neue demokratische Gestaltungskultur.
Als Gestaltungszentrale Politik bündeln wir Kompetenzen des Entwerfens und stellen diese in Form einer Gestaltungsbegleitung zur Verfügung. Wir regen an, Gestaltung in der Politik vom Problem aus zu denken, dabei explorativer vorzugehen und vielfältigere Lösungsoptionen zu erarbeiten. Dazu erweitern wir Gestaltung in der Politik um eine Entwurfspraxis.
Als Grundlage dafür, gilt es zu klären, wie aktuell überhaupt gestaltet wird. Wie entstehen Entwürfe für Gesetze, Maßnahmen oder Positionen? Diese Prozesse transparenter und zugänglicher zu fassen, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.
Unsere Demokratie verstehen wir als ein System im stetigen Wandel. Sie bedarf der andauernden Reflexion sowie der Bereitschaft zu Veränderung. Sie wird gestaltet.
Wer in der Politik gestaltet, soll in die Lage versetzt werden, aus Routinen auszubrechen und zu wählen, welches Vorgehen zur Lösung einer konkreten Aufgabe am sinnvollsten ist. Für die Politik bedeutet das, ihre Entscheidungsprozesse den drängenden Herausforderungen aktueller und zukünftiger Debatten anzupassen.
Unser Leitbild ist die gestalterische Arbeit im Design. Die Designdisziplin ist darauf spezialisiert, unter realen Bedingungen kreativ zu arbeiten und verschiedene Optionen in Entwürfen zu konkretisieren. Diese spezifischen Arbeits- und Denkweisen basieren auf einer eigenen Ausbildung sowie umfassender praktischer Gestaltungserfahrung. Daher wollen wir im Zuge der Gestaltungsbegleitung Personen mit entsprechenden Kenntnissen in die Gestaltungsprozesse der Politik integrieren.
Politik steht unter Reformdruck - nicht nur in Bezug auf die inhaltlichen Entscheidungen, sondern auch auf ihre Prozesse. Dabei muss nicht alles neu erfunden werden, vorhanden Erfahrungen und Praktiken sollten gründlich verstanden werden. Daher ist der ko-kreative Ansatz der Gestaltungszentrale Politik genau richtig - im Zusammenwirken von kreativen Outsidern mit Praktikern der Politik und wissenschaftlichen Beobachtern.
Prof. Dr. Sven T. Siefken
Politikwissenschaftler an der Hochschule des Bundes für Verwaltung
»Design« wird häufig als die Gestaltung des schönen Scheins verstanden - ist aber vielmehr. Es geht um Prozesse, Problemanalyse und induktiv-experimentelle Lösungsansätze. In einer Zeit, in der die repräsentative Demokratie an Zuspruch, Glaubwürdigkeit und Unterstützung verliert, kann ein methodischer Ansatz, der sich von den üblichen politikwissenschaftlichen Analysen und Umfrage-getriebenen AdHoc-Lösungen unterscheidet, zumindest kein Fehler sein.
Prof. Dr. Friedrich von Borries
Designtheoretiker an der Hochschule für bildende Künste Hamburg